Schlaf und Träume

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Träume sind nach wie vor ein Phänomen: Im Schlaf ist unser Gehirn hochaktiv, erzeugt Bilder, Geräusche und oft surreale Bildgeschichten, die jeden Blockbuster an Einfallsreichtum übertreffen. Etwa 20 Prozent unserer Schlafenszeit träumen wir. An das meiste davon können wir uns nach dem Aufstehen nicht erinnern. Zu welchem Sinn und Zweck wir träumen,  wird unter Schlafforschern heiß diskutiert. So viel aber ist sicher: Träume sind enorm wichtig für unsere seelische und geistige Gesundheit.

Schlafzeit ist Traumzeit

Hier haben wir keine müden Fakten gesammelt, sondern spannendes Wissen rund ums Träumen:

 

Jeder gesunde Mensch träumt in jeder Nacht – auch dann, wenn er sich an seine Träume nicht erinnern kann. Auf 4 bis 5 Träume kommen wir pro Nacht, das macht etwa 2 Stunden Traumzeit. Je länger wir schlafen, desto intensiver und ausführlicher träumen wir. Häufig erinnern wir uns am nächsten Morgen nur an den letzten Traum oder einzelne Traumschnipsel.

 

Lange wurde angenommen, es wird nur in den REM-Phasen des Schlafes geträumt. Heute wissen wir, dass wir fast die ganze Nacht hindurch, sogar im Tiefschlaf, auf unterschiedliche Weise träumen. Während der REM-Phase ist unser Gehirn jedoch besonders aktiv: Wir träumen mehr, länger und intensiver als in den anderen Schlafphasen, weshalb der REM-Schlaf auch als „Traumschlaf“ bezeichnet wird-

 

Die Vermutung, Träume laufen im Zeitraffer-Tempo ab und dauern jeweils nur wenige Sekunden, hat sich als falsch erwiesen: Zwischen acht und 30 Minuten dauert ein Traum, das Traumgeschehen findet normalerweise in Echtzeit statt.

 

Schon der Fötus im Mutterleib träumt: Er verbringt die meiste Zeit im REM-Schlaf. Neugeborene Babys haben einen REM-Anteil von etwa 50 Prozent ihrer Schlafenszeit, Erwachsene dagegen nur 20 Prozent. Forscher schließen daraus, dass das Träumen eine wichtige Funktion für die Hirnreifung, die Ausbildung neuer Nervenverknüpfungen sowie die motorische Entwicklung hat.

Trauminhalte

Was uns emotional berührt und bewegt, davon träumen wir: Träume sind gewissermaßen „Gefühle in Bildern“. Es geht dabei immer um Alltagserfahrungen, die für uns eine besondere Bedeutung haben, auch wenn uns der direkte Zusammenhang zum Traum verborgen bleibt. Oft werden die alltäglichen Geschehnisse mit Wünschen des Unterbewussten gekoppelt, häufig sind Ängste und Befürchtungen im Spiel, die wir im Traum bearbeiten. Auch wiederkehrende Träume sind keine Seltenheit:  Sie spiegeln oft unangenehme oder gar traumatische Erfahrungen wider oder können auf unbewältigte Probleme hinweisen. 

Warum wir träumen

Dass dem Träumen eine wichtige Funktion für unsere seelische und geistige Gesundheit zukommt, steht außerfrage. Nur welche das genau ist, darüber gehen die Meinungen der Forscher auseinander. Derzeit gibt es mehrere große Erklärungsansätze, die sich jedoch keineswegs gegenseitig ausschließen:

„Reinigungsfunktion“ des Gehirns

Was tagsüber auf uns einströmt, wird im Traum durchgegangen und sortiert. Je nach Wichtigkeit wird das Erlebte dabei ins Langzeitgedächtnis verschoben oder  gelöscht. Das sorgt dafür, dass der Kopf frei wird für neue Eindrücke. 

Emotionales Verarbeiten

Emotionale Erlebnisse werden im Traum neu bewertet. Dazu werden die Ereignisse zuerst von den Emotionen gelöst, um hinterher mit modifizierten Emotionen neu hinterlegt zu werden. Negativ besetzte Erlebnisse verlieren so etwas von ihrer emotionalen Schärfe und wir können besser mit ihnen umgehen.

Kreative Prozesse vorantreiben/lernen

Neue Sinneseindrücke verfestigen, Informationen und Lerninhalte verarbeiten, Probleme lösen, gewonnene Erfahrungen in einen größeren Zusammenhang stellen – träumen ist laut dieser These Voraussetzung für geistiges Wachstum und kreative Problemlösung. Mehrere bahnbrechende Erfindungen – u.a. die Nähmaschine und die Relativitätstheorie – sollen im Traum entstanden sein. 

Geistiger Spielplatz und „Trainingslager“

Eine ähnliche Theorie besagt, dass der Schlafende in einer Art Parallelwelt verschiedene Szenarien schafft und Handlungen ausprobiert, um z.B. im Falle einer Bedrohung kreative Bewältigungsstrategien parat zu haben. Wir „trainieren“ möglicherweise im Schlaf, um uns auf die unterschiedlichsten Situationen und Geschehnisse besser vorzubereiten.

Was passiert im Körper, während wir träumen?

Bis heute gibt uns der Traum Rätsel auf. Seine auslösenden Mechanismen und die dabei ablaufenden Prozesse im Gehirn sind noch längst nicht vollständig erforscht. Fest steht: Im Traum sind vor allem visuelle Areale und solche, die für unser emotionales Empfinden zuständig sind und Emotionen steuern, aktiv.  So ist das limbische System, das der Verarbeitung von Gefühlen dient, sogar reger als im Wachzustand. Zugleich schlummern Bereiche wie das Stirnhirn, wo Rationalität, kritisches Denken und Vernunft sitzen. Im Traum ist daher alles möglich – zumindest in der Vorstellung. Denn zum Glück sind in den tiefen Schlafphasen unsere Muskeln weitestgehend erschlafft und auch jener Teil des Hirnstammes, der uns Pläne in die Tat umsetzen lässt, inaktiv. Wäre das nicht so, würden wir unsere Träume wahrscheinlich körperlich ausagieren und dabei womöglich uns oder den Bettnachbarn verletzen. 

Warum erinnern sich manche Menschen an ihre Träume und andere selten oder gar nicht?

Ob wir uns nach dem Aufwachen an unsere Träume erinnern, ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig: Zum einen hat die Traumerinnerung mit der Dauer und Tiefe unseres Schlafes zu tun. Wir müssen nach der Traumerfahrung mindestens 3 Minuten wach sein, damit sie ins Langzeitgedächtnis übergeht. Das passiert, wenn uns unmittelbar nach einer Traumphase der Wecker aus dem Schlaf reißt. Auch Menschen, die z.B. aufgrund von Schlafstörungen nachts häufig aufwachen, erinnern sich vermehrt an ihre Träume. Das Nicht-Erinnern kann also auf einen tiefen, gesunden Schlaf hinweisen und ist sicherlich kein Grund zur Beunruhigung. Andersherum hat nicht jede Traumerinnerung mit schlechter Schlafqualität zu tun – sie hängt vielmehr mit Faktoren wie Persönlichkeit, Schlafverhalten, der Lebensphase und dem Stresslevel zusammen. So sollen beispielsweise Menschen, die ihre Probleme, Gefühle oder Ängste im Alltag gern verdrängen, sich auch seltener an ihre Träume erinnern. Eine andere Voraussetzung für die Traumerinnerung ist wiederum ganz banal:  Wer sich erinnern will, muss nach dem Aufwachen noch einige Minuten mit geschlossenen Augen ruhig liegen bleiben, um den Traum „festzuhalten“.

Der kleine Traumerinnerungs-Guide

Wer sich an seine Träume erinnert, kann dies bei Interesse für sein Leben nutzen (siehe Traumdeutung). Das Träume-Erinnern kann man übrigens trainieren: Mit der richtigen Technik bringen Sie Licht ins Dunkel:

Legen Sie einen Stift und Papier bzw. ein Traumtagebuch bereit, um die schnell verblassenden Erinnerungen an die nächtlichen Erlebnisse gleich nach dem Erwachen aufzuzeichnen.

Nehmen Sie sich fest vor, Ihre Träume in Erinnerung zu behalten.

Nach dem Aufwachen zählen die ersten Sekunden. Bleiben Sie mit geschlossenen Augen ruhig liegen und rufen Sie sich die Traumfragmente (Farben, Gesichter, Gefühle, Gedanken) in Erinnerung. Oft lässt sich der ganze Traum rekonstruieren.

Bringen Sie sofort nach dem Aufstehen Ihre Erinnerungen zu Papier. 

Traumdeutung

Ob im Alten Testament oder bei den nordamerikanischen Indianern – Träume hatten für Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen schon immer eine besondere Bedeutung. War diese lange Zeit religiös-spiritueller Natur, so manifestierten sich für Freud im Traum vor allem verdrängte Triebe und Sehnsüchte in verschlüsselter Form. Die moderne wissenschaftliche Traumdeutung sieht das Träumen etwas pragmatischer und weniger sexuell gefärbt: Träume sind im modernen Verständnis ein Weg, um bewusst seine Gefühle wahrzunehmen und das eigene Leben besser zu verstehen. Pauschalisierte Traumdeutungen á la Wasser ist gleich Gefühle sind dabei mit Vorsicht zu genießen, denn jeder Mensch hat seine ganz eigene Symbolsprache, die von seinen Erfahrungen und Gefühlen geprägt ist. Was genau ein Traumsymbol für Sie bedeutet, können auch nur Sie ergründen.

Ein Traum kann:

  • uns auf Dinge und Probleme hinweisen, die wir tagsüber nicht bewusst wahrnehmen (wollen).
  • uns auf Widersprüche in unseren Gefühlen und Gedanken hinweisen.
  • uns helfen, einen Ausweg aus einem ungelösten Problem zu finden.
  • uns in schwierigen Situationen die Richtung weisen.
  • Ein wichtiges Instrument der Selbsterkenntnis sein.

Übrigens: Manchmal klappt es nicht auf Anhieb, die Träume mit unserem Leben zusammenzubringen und Schlüsse aus ihnen zu ziehen.  Ein Traumtagebuch kann hier nützlich sein.

Übrigens

Süße Träume

Alles, was den Schlaf beeinflusst, beeinflusst auch das Träumen: Gerüche, Geräusche, Bewegungen und Licht wirken auf das Traumgeschehen. Hört man im Schlaf beispielsweise Telefonklingeln oder Türenklappern, kann dies direkt oder assoziativ in den Traum „eingearbeitet“ werden. Auch unser Geruchssinn ist im Traum aktiv: Forscher fanden etwa heraus, dass der Duft von Rosen angenehme Träume bereitet, schlechte Gerüche können dagegen unangenehme Träume bringen.